Lebensläufer

lebensläufer

Ausstellung und Szenische Lesung

Begegnungen zwischen deutschen Senior*innen mit Fluchtgeschichte und jungen Geflüchteten

Infos

Premiere Sept. 2017
Konzept Dominik Breuer, Eric Rentmeister, Claudia Sowa
Fotos Claudia Dilay Hauf
Koproduktion Westdeutsches Tourneetheater Remscheid, Junges Theater Leverkusen
Förderung Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW, PwC-Stiftung, KulturStadt Leverkusen, Bürgerstiftung Leverkusen, RheinEnergie Stiftung Kultur, Caritas Leverkusen, Fonds Soziokultur
Nominiert für den Innovationspreis Soziokultur

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Über das Projekt

2016 erreichten tausende Menschen unser Land. Sie sind Ideengeber für die Ausstellung „Lebensläufer“.

Junge Geflüchtete aus dem Großraum Leverkusen/Bergisches Land wurden in Kontakt mit deutschen Senior*innen gebracht, die während des Zweiten Weltkriegs flohen oder zu DDR-Zeiten versuchten, sich über die Mauer in den Westen durchzuschlagen. Über Brieffreundschaften sollten junge und alte Menschen mit Fluchtgeschichte die Chance bekommen, sich zu begegnen - mit emphathischem Blick und Wertschätzung füreinander. Eine Fotografin begleitete und dokumentierte alle Phasen des Projekts. In einer interaktiven Ausstellung und einer szenischen Lesung sollte alles der Öffentlichkeit präsentiert werden. So weit die Anfangsidee.

Doch das Projekt entwickelte sich und erzählt nun von weit mehr: von guten Absichten, die so manche Sackgasse pflastern; davon, dass Recht und Ungerechtigkeit manchmal zwei Seiten einer Medaille sind und dass in der Ablehnung gegenüber Fremden nicht selten eine größere Gemeinsamkeit mit eben diesen Menschen schlummert als gedacht.

Galerie

Fotos: Claudia Dilay Hauf, Brachland-Ensemble

Drei Lebensläufe

1945

Nachmittags um halb funf Uhr verlassen wir in geschlossenem Treck unsere Heimat. Durch tiefen Schnee geht unser Weg in Richtung Westen. Wir haben beide Wagen mit unserer Habe und Futter für die Pferde beladen. Wir sind durchgefroren und sehen, wo wir uns heißen Kaffee kochen können. Alles ist von Flüchtlingen und Soldaten überfüllt. Zur Nacht finden wir in einem kleinen Dachstübchen, auf dem Fußboden, ein Nachtlager. Unser Brot ist zu Stein gefroren.

1974

"Ich versuchte verzweifelt etwas zu erkennen. Rechts, links und hinter mir hohe Bäume, vor mir nichts, außer eine dunkle gähnende Leere. Der Boden unter mir hob sich in einer helleren Form von der anderen Umgebung ab. Konnte das sein oder täuschte ich mich, war es wirklich das Minenfeld? Wie angewurzelt stand ich nun da und wie gehts weiter?l So und jetzt, egal du mußt weiter, nur drei Schritte trennen dich von dem dunkleren und rettenden Boden. Augen zu und los, ähnlich wie bei Dreisprung bewegte ich mich vorwärts."

2015

"Vier Tage sind mein Bruder und ich jetzt auf dem Schiff. Kurz vor der italienischen Küste setzen sich Kapitän und Besatzung mit einem Beiboot ab. D. und all die anderen sind allein. Jemand versucht, ein SOS-Signal zu senden. Die Kinder schreien vor Hunger und Kälte. Wir können niemanden erreichen. Vielleicht sollten wir versuchen, zur Küste zu schwimmen?"